16. Juni 2016

[Rezension] Weil sie das Leben liebten von Charlotte Roth

Weil sie das Leben liebten von Charlotte Roth

Genre: Roman

ISBN: 978-3-426517291

Verlag: Droemer Knaur

Erscheinungsdatum: 01. Juni 2016

Taschenbuch, Klappenbroschur, 512 Seiten



Ehrlichkeit ist das, was eine gute Rezension ausmacht. Und wenn ich ganz, ganz ehrlich bin, dann dachte ich, dass Lynes' Und sie werden nicht vergessen sein ein Eigentor sondergleichen gewesen ist. Ein wundervolles zwar, aber dennoch ein Eigentor. Denn wie sollte man da denn noch herankommen?

Weil sie das Leben liebten ist ein Danach-Buch. Nach meinem Charlie-Liebling und nach dem Herzensbuch der Autorin. Aber wie sagt man so schön: Wo sich die eine Türe schließt, da öffnet sich eine andere. Und da, wo ich enttäuscht die eine Welt verlassen musste, durfte ich voller Erwartungen in eine neue eintauchen, in der mich die liebenswürdige Protagonistin Franka in ihre tragisch-schöne Geschichte der 1920er Jahre mitnahm.
Fanden die Menschen das Andere, Fremde denn gar nicht spannend, reizvoll, wollten sie es nicht kennenlernen? S.16
Franka Frieda Fröhlich. So viel Glück ihr Name auch verspricht, hat sie dennoch keinen guten Start ins Leben. In einer strengen Pfarrfamilie aufgewachsen hatte sie kaum die Möglichkeit ihre Träume zu verfolgen. Nur die sonntäglichen Besuche mit ihrem Onkel Gerhard im Zoo sind ihr ein Lichtblick und ihr wird klar: Sie möchte Zoologie studieren. Als auch dieser Traum in sich zusammenfällt, bekommt sie immerhin eine Stelle im Berliner Zoo. So kann sie wenigsten den Tieren ihre Liebe schenken, die diese in ihren Augen so viel mehr verdient haben als die Menschen.
Doch als Adam auftaucht, ist selbst Franka fasziniert und schenkt ihre Liebe um ersten Mal einem Menschen. Doch Adam ist Zigeuner und Hitlers "Rassenreinigung" schon in vollem Gange. Frankas Zigeuner schwebt in Lebensgefahr, doch für ihn ist zu kämpfen bereit- genau so wie für ihre geliebten Zootiere...
Und weil jede Feder ganz und gar symmetrisch angelegt ist, ohne Neigung nach der einen oder anderen Seite. So wünschen wir uns die Gerechtigkeit, oder? S. 24
Die Geschichte um Franka, Adam und den Berliner Zoo ist anders, aber in keinster Weise weniger berührend oder intensiv als die anderen Romane der Autorin. Wie schon zuvor beschäftigt sich dieses Buch mit den Schrecken des 2. Weltkrieges und der Verfolgung einer Minderheit. Auf knapp fünfhundert Seiten schafft Charlie Roth es wieder mich aufs tiefste zu erschüttern, wo man doch denkt, das geht ja eigentlich gar nicht mehr. Die Schreckensherrschaft der Nazis, ihren Wunsch nach einer reinen deutschen Rasse. Rassenhygiene und Vernichtung von Menschen, das alles wird beim Lesen greifbar und sorgt für einen gewaltigen Kloß im Hals. Der Zigeuner Adam ist ein Mensch wie jeder andere, zudem sehr zielstrebig und ehrgeizig und weiß, was er im Leben erreichen will. Und dennoch muss er tausend mal mehr um seine Träume kämpfen- nur wegen seiner Herkunft. Er muss so sehr kämpfen, bis er schließlich um sein Leben kämpft. Adam ist ein Stellvertreter und wenn das nicht Ungerechtigkeit sondergleichen ist, dann weiß ich auch nicht, was Unrecht sonst noch sein soll.
Zeitungen las sie nicht, und Politik war ihr Jacke wie Hose. Sie war ein Kloß, der in der eigenen Soße schwamm, aber sie brauchte diese Soße doch so sehr! S. 84
Ein wundervolles Buch, welches durch den Berliner Zoo als Schauplatz noch eine ganz besondere Note bekommt. Zebras, Affen, Krokodile... Alles unschuldige Lebewesen, die im Zoo auf die Fürsorge und Pflege der Menschen angewiesen sind. Und Franka und ihre Kollegen sind mehr als bereit ihren Schützlingen all ihre Liebe zu schenken. Sie sind eine große Familie und was sie in diesen schlimmen Zeiten dafür zurückbekommen, lässt sich schwer in Worte fassen.

Für diesen herzerwärmenden Roman vergebe ich vier von fünf Schmetterlingen und danke der Autorin Charlie ganz herzlich für das Leseexemplar. Ja! Es war mir wie immer eine unendliche Freude:

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