8. Dezember 2016

Die Gabe der Zeichnerin - Martina Kempff


Titel: Die Gabe der Zeichnerin | Autor: Martina Kempff | Historischer Roman | ISBN 978-3-492306002 | Piper | 19. Januar 2015 | Taschenbuch mit flexiblem Einband | 432 Seiten

Die mächtige Pfalzkapelle in Aachen, eines der größten Geheimnisse, die Karl der Große seiner Nachwelt hinterlassen hat. Zahlreiche Mythen und Legenden ranken sich um den Dombau und vor allem die rätselhafte Frage, wie es im Mittealter möglich war die gewaltige Steinkuppel zu wölben. In ihrem Roman Die Gabe der Zeichnerin geht Martina Kempff einer Möglichkeit auf den Grund.

Ausgangspunkt ist Bagdad. Dort wird dem Kalifen Harun al Raschid zugetragen, wie mächtig König Karl aus dem fernen Frankenland ist. Als ihm zu Ohren kommt, dass dieser plant einen gewaltigen Dom zu bauen, sendet er seinen besten Baumeister samt Gefolge als Geschenk in den Westen, um sich die Sympathie des immer höher steigenden Sterns Karl zu sichern.
Begleitet wird der muslimische Baumeister von seiner Tochter Ezra, die er zu ihrem eigenen Schutz aber als Jungen erzogen hat. Nie hätte sie sonst ihre Fähigkeiten als begnadete Bauzeichnerin verwirklichen können. Auch als sie im Frankenland um ihr Leben fürchten muss, bleibt sie am Hof Karl des Großen. Denn inzwischen ist sie unentbehrlich für die Kuppelwölbung geworden und dann gibt es da noch Lucas, den Sohn des fränkischen Baumeisters. Für ihn beginnt Ezra bald mehr zu empfinden, wodurch die Sicherheit ihrer Tarnung nicht mehr lange gewährleistet werden kann...

Die historischen Fakten bestimmen den Verlauf dieser Geschichte und so schreitet der Bau an der gewaltigen Aachener Pfalzkapelle über einen Zeitraum von zehn Jahren chronologisch voran, bis es im Jahr 804 schließlich zur lang ersehnten Vollendung des bedeutenden Dombaus kommt. Mit dem fundierten und gut recherchierten historischen Wissen gehen dazugedichtete Legenden einher, die sich seit Jahrtausenden um diesen Bau ranken, aber auch ausschlielich aus der Feder der Autorin stammen. Jedes dieser Elemente ist in sich schlüssig und hätte genau so passieren können. Und so spinnt sich eine weitere Legende um Ezra, die begabte Tochter eines bagdader Baumeisters, und einen möglichen Weg im Mittelalter eine steinerne Kuppel zu wölben. Neben Ezra verweben durch die Arbeit am Dombau zu Aachen verschiedenste andere Schicksale miteinander, alle mehr oder weniger ein Teil dieses Projektes. Spielerisch gestaltet sich die Pfalzkapelle in diesem Roman zur Sonne, um die sich alle Figuren und Personen mehr oder weniger nah drehen.

Die einzelnen Charakter sind wahnsinnig stark, authentisch und mit Liebe zum Detail geschaffen worden. Das macht diesen Roman zu einem diesen Bücher, bei denen es so schwer fällt sich nach der letzten Seite von den Personen zu verabschieden. Vor allem durch Ezra wurden durch die gesamte Geschichte hinweg zwei sehr große Themengebiete tiefgehend beleuchtet.
Zum einen geht es um Religion. Christentum, Islam und Judentum treffen hier aufeinander, entfalten sich in ihren Einzelheiten und zeigen schließlich auf, dass ein Miteinander völlig normal und möglich ist. Ezra ist eine kluge junge Frau und erkennt schnell die Gemeinsamkeiten und, dass Gott überall vertreten ist, auch wenn man ihn nicht als Allah bezeichnet.
Zum anderen steht die Zeichnerin zwischen den Geschlechtern und weiß selbst nicht, wo sie sich einzuordnen hat. Es gibt dieses unverhohlen weibliche in Aussehen und Art, welches sie nicht verstecken kann. Und doch kennt sie nur das Leben als Mann. Als sie sich immer mehr Gedanken macht was sie ist und sein will, merkt man, wie weitgreifend diese Entscheidung für sie ist. Es ist weitaus nicht nur etwas persönliches, sondern wird sich auf ihr gesamtes Leben auswirken.

Und nicht zur Vergessen das Zentrum der Gabe der Zeichnerin: Die Pfalzkapelle. Als UNESCO- Weltkulturerbe kann man sie heute immer noch bewundern. Es ist ein großes Stück deutsche Geschichte, gebaut unter dem Auftrag des Herrschers, den wir heute als Vater Eurpas bezeichnen, und steht nun, was man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen muss, seit mehr als tausend Jahren. Ich finde es wunderbar und nur passend, dass diesem besonderen und geschichtsträchtigen Bauwerk ein so schöner & lesenswerter Roman gewidmet wurde.

Ein herzliches Dankeschön an den Piper Verlag für das Rezensionsexemplar von Die Gabe der Zeichnerin.

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