26. Dezember 2015

[Rezension] Dich tanzen zu sehen von Maggie Shipstead



Dich tanzen zu sehen von Maggie Shipstead

Genre: Roman

ISBN: 978-3-423260893

Verlag: dtv

Erscheinungsdatum: 20. November 2015

Taschenbuch, Klappbroschur, 368 Seiten







>> "Manchmal frage ich mich", sagte Joan, ihr Mund rot vom Punsch, "wie man wissen kann, ob man das, was man zu fühlen meint, auch wirklich fühlt. So ähnlich, wie man eigentlich nicht wissen kann, ob alle die gleichen Farben sehen, weißt du? Oder ob wir alle auf dieselbe Art glücklich sind?" << (S.44)

Joan steht der Abschied vom Ballett bevor: Sie ist schwanger und ihre Karriere als Tänzerin beendet, bevor sie richtig beginnt – falls sie denn jemals begonnen hätte. Sie heiratet ihren alten Schulfreund Jacob, und das Paar zieht aus New York an die Westküste, wo sich beide stumm nach der Welt des Balletts verzehren: Joan nach dem Tanz, Jacob nach der Tänzerin, die Joan einst gewesen ist. Doch ein Leben für den Tanz bedeutet nicht nur Drama, sondern auch hochfliegende Hoffnungen, stürmische Gefühle, erhabene Momente, und Joan ist und bleibt eine Tänzerin... (Quelle: Klappentext)

Dich tanzen zu sehen- Ein Roman, in welchem jedes Kapitel, jede Szene von der Diskrepanz zwischen Realität und Illusion geprägt ist. Nur auf den ersten Blick scheint dies eine Geschichte über die Welt des Balletts zu sein. Je mehr ich beim Lesen darüber nachdachte, desto mehr sah ich, dass sich das Ballett einfach ideal eignet um den enormen Unterschied von Sein und Schein darzustellen. Gesellschaftskritik anhand des Balletts, zumindest nach meiner Lesart. Das ist definitiv mal etwas anderes.
Alle Figuren streben nach etwas Größerem, wollen immer besser sein, als sie es sind und sein können. Sie jagen etwas hinterher, dass sie gar nicht greifen, nur erahnen können. Kein einziger Charakter lebt im Augenblick und ist zufrieden. Allen voran Joan. Jacob ist die Figur, die dem wohl am ehesten entrinnt, aber auch nur, weil er nicht von der Welt des Balletts verzerrt wird.

Es ist ein eher düsterer und melancholischer Roman und lebt von der Flüchtigkeit des Augenblicks, der sich auch im Aufbau des Buches widerspiegelt. Durch diverse Zeitsprünge setzt sich das Bild für uns Leser nach und nach wie ein Mosaik zusammen. Es wird durch Momentaufnahmen erzeugt, die sich über mehrere Jahrzehnte erstrecken. Das sorgt dafür, dass vieles nicht richtig greifbar ist, aber genau das ist es, was so gut zusammenpasst. Es ist das echte Leben. Millionen von Augenblicken, die sich aneinanderreihen. So vieles, was man weiß und versteht. Auf der anderen Seite Leerstellen, die immer unausgefüllt bleiben werden.

Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass ich vor der Lektüre dieses Buches keinerlei Ahnung von Ballett hatte. Aber Maggie Shipstead bringt einem die Thematik so gekonnt näher, dass ich damit keine Schwierigkeiten hatte. Ich habe mich nie im Lesefluss gestört gefühlt und habe die beschriebenen Tänze immer genau vor Augen gehabt.

"Dich tanzen zu sehen" bekommt von mir drei von fünf Schmetterlingen:

An dieser Stelle möchte ich mich noch herzlich beim dtv für das bereitgestellte Rezensionsexemplar und bei Lovelybooks für die gemeinsame Leserunde bedanken!

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